Wer schützt die Honigbiene?

Datum: 01. July 2025
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Die Honigbiene liefert Honig, steht symbolisch für Bestäubung und fliegt in Werbekampagnen für Nachhaltigkeit ganz vorneweg. Zwischen ihrer biologischen Identität als Wildtier und ihrer Haltung als sogenanntes landwirtschaftliches Nutztier geht oft vergessen, dass wir sie besser schützen müssen.

Bienen sichern unsere Ernährung. Etwa ein Drittel unserer globalen Nahrungsmittelproduktion hängt direkt oder indirekt von der Bestäubung durch Tiere ab – vor allem durch Bienen. Wildbienen übernehmen dabei spezialisierte Aufgaben, zum Beispiel bei bestimmten Wildpflanzen oder Obstsorten. Die Honigbiene hingegen ist eine Generalistin. Sie gilt als «Arbeitstier» der Landwirtschaft – doch auch sie ist Teil eines fein austarierten Ökosystems, das unter Druck steht.

600 Arten – und eine davon ist die Honigbiene

Der Begriff «die Biene» führt in die Irre. In der Schweiz sind über 600 Wildbienenarten bekannt. Viele davon sind hochspezialisiert und stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Anders als die Honigbiene leben sie solitär, nisten in Sand, Totholz oder Hohlräumen – und sind auf intakte Lebensräume angewiesen.

Die Honigbiene nimmt eine Sonderstellung ein: Sie überwintert als Volk. Als einzige Art wird sie von Menschen gezielt gehalten und gezüchtet. Biologisch gesehen ist sie ein Wildtier, das in Höhlen lebt und sich über den Schwarmtrieb vermehrt. Heute wird sie in nicht artgerechten Holzoder gar Plastikkisten mit künstlichen Wabenstrukturen gehalten, mit Zuckerlösung gefüttert und am natürlichen Schwärmen gehindert – zugunsten höherer Honigerträge.

Zur Parasitenbekämpfung werden die Bienen mehrmals jährlich routinemässigen Behandlungen mit säurehaltigen Mitteln wie Ameisenoder Oxalsäure unterzogen. Die Behandlungen erzeugen schwere Nebenwirkungen am Bienenvolk und schaden seinem Immunsystem.

Wildtier oder Nutztier? Das Doppelleben der Honigbiene

Praktisch alle Honigbienen werden als Nutztiere gehalten. Im Zentrum steht die Honigernte – je höher, desto besser. Dafür wird tief in ihre natürlichen Abläufe eingegriffen: Der Schwarmtrieb wird unterdrückt, die Neststruktur gestört, «Medikamente» gegen Milben werden «prophylaktisch» verabreicht.

Gleichzeitig fehlt den Honigbienen der Schutzstatus. Das Tierschutzgesetz und das Natur und Heimatschutzgesetz mit den zugehörigen Verordnungen schützen insbesondere Wirbel und Säugetiere, nicht aber Hautflügler, zu denen auch die Honigbiene gehört. Wildlebende Bienenvölker, die sich in Baumhöhlen oder Gebäuden ansiedeln, werden aus Angst vor Seuchen- und Parasitenverbreitung oft entfernt oder vernichtet. Dabei ist der Nachweis echter Risiken dünn, viel eher lauert die Gefahr in der
Nutztierhaltung, der imkerlichen Haltung von Bienen zur Honiggewinnung.

Das pikante «Detail»: Einzig die wildlebenden Bienenvölker können die Anpassungsfähigkeit der Art an die aktuelle Natur und alle zukünftigen Umweltveränderungen garantieren. Die Honigbiene wird also weder als Wildtier geschützt noch als Nutztier artgerecht gehalten.

Was FreeTheBees anders macht

Die gemeinnützige Organisation FreeTheBees setzt sich dafür ein, dass Honigbienen wieder artgerecht leben dürfen – und dass ihre biologische Rolle als wildlebendes Insekt wieder sichtbar wird.

Die Arbeit des Vereins konzentriert sich auf zwei zentrale Tätigkeitsbereiche: Zum einen fördert er die Erhaltung naturnaher Lebensräume wie Baumhöhlen und setzt sich für pflanzliche Artenvielfalt ein. Zum anderen versucht er, in der Imkerei ein Umdenken anzuregen. Statt intensiver Honigerzeugung sollte bei der Bienenhaltung das Tierwohl im Zentrum stehen. Zudem sollten etwa 20 Prozent der Völker naturnah geführt werden, ohne Eingriffe, ohne Honigentnahme.

Diese sogenannte Mischbienenhaltung sichert nicht nur das Wohlergehen der Tiere, sondern stärkt auch deren Widerstandskraft und genetische Vielfalt – ein in Imkerkreisen komplett unterschätzter Faktor für die Resilienz der Art und der Ökosysteme.

Wenn wir die Bestäubungsleistung nachhaltig sichern wollen, müssen wir lernen, auch Honigbienen wieder als das zu behandeln, was sie ursprünglich waren: Teil eines wilden, faszinierenden Ökosystems. Wenn wir die Honigbiene als Art erhalten wollen, muss sie zurück in die Natur!

WAS WIR ALLE TUN KÖNNEN

Ein nachhaltiger Bienenschutz beginnt im Alltag – bei uns allen:


Bewusst einkaufen
Wer Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft bevorzugt, trägt dazu bei, insbesondere den Einsatz von synthetischen Umweltgiften zu verringern.

Lebensräume schaffen – auch im Kleinen
Ob Fenstersims, Balkon oder Garten: Jede Blüte zählt. Wer mehr tun will, setzt auf strukturelle Vielfalt – etwa durch offene Bodenstellen, Totholz, Wildstauden oder Trockenmauern für Wildbienen. Für höhlenbewohnende Arten – auch die Honigbiene – bieten sich Baumhöhlen oder spezielle Nisthilfen an. Meist ziehen die Tiere ganz von selbst ein.

Beim Honigkaufen Fragen stellen
Der Honigkauf bietet eine einfache Möglichkeit, verantwortungsvolle Imkerei zu unterstützen. Konsument:innen sollen ihren lokalen Imker:innen gezielte Fragen stellen: Arbeiten sie konventionell und behandeln mit Ameisen- und Oxalsäure? Sind sie offen für alternative und artgerechtere Haltungsformen? Es gibt auch vegane Alternativen.