Wie wir Kühe wirklich sehen sollten – Gastbeitrag von Robert Rauschmeier

 

Robert Rauschmeier ist Umwelt- und Tierrechtsaktivist und lebt seit Jahren bewusst vegan. Er engagiert sich in der Tierrechtsorganisation «Animal Save Zurich» und geht regelmässig zu Mahnwachen vor den Schlachthäusern, um den Tieren seinen Respekt zu zollen, und um ihnen ein Gesicht und eine Stimme zu geben.

23. März 2021

Kühe sind auch Individuen. Deshalb stellt sich für uns als Gesellschaft die brennende Frage: Wie sollten wir mit ihnen umgehen? Und was können wir aus unserer eigenen Geschichte lernen?

Einer der schönsten Zustände ist, wenn man sich und andere glücklich, geborgen und sicher weiss. Wie schön ist es, seine eigenen Kinder und Enkelkinder aufwachsen zu sehen, sich um sie zu kümmern und dadurch sein Leben zu bereichern. Und wie schön ist es, wenn jüngere Generationen mit älteren interagieren können.

Warum Werbung so gut funktioniert? Bezogen auf unseren Fleisch-, Milch- und Eierkonsum meint sie, dass wir uns gerne im Glauben wiegen, die Tiere haben es auch gut bei uns. Die Schweiz hat die strengsten Tierschutzgesetze weltweit. Tiere erhalten von uns Menschen das, was sie brauchen. Und in der Werbung wird mittlerweile auch das Narrativ bedient, dass es sich ja auch um Lebewesen handelt, denen man mit Respekt begegnen muss.

Doch wie sieht die Realität für die Tiere aus?
Vor rund sieben Jahren fing bei mir persönlich eine Einstellungs- und Verhaltensänderung an. Bis dahin hatte ich nie darüber nachgedacht, was es beispielsweise für die Kühe bedeutet, wenn ich mich von ihrer Milch bediene. Oder wenn ich Käse, Joghurt und Rahm konsumiere. Es war ja schliesslich natürlich und wird in unserer Gesellschaft als notwendig erachtet. So bin ich nicht anders aufgewachsen als viele andere in unserem Kulturkreis auch. Ich hatte keine Wahl. Denn ich lernte die Welt durch die Augen meiner Eltern sehen. Und sie wiederum haben sie ja als Kinder durch die Augen ihrer Eltern gesehen. So, von Generation zu Generation, wurde unhinterfragt etwas tradiert. Erst vor gut sieben Jahren konnte ich mich von diesem Blick lösen und anfangen zu sehen, was es wirklich für die Tiere bedeutet. Und das ganze Ausmass wurde mir immer bewusster.

Durch Mark und Bein gingen und gehen die Tierschreie
Die härteste Erfahrung, die ich machen musste, war die über die Tierrechtsorganisation «Zurich Animal Save». Bis heute gehe ich regelmässig zum Schlachthaus nach Altstetten, um den Tieren, die dort hingebracht werden, eine Stimme und ein Gesicht zu geben. Und seitdem sehe ich die Tiere nicht mehr als Lebensmittel an, als Objekte, die frei für uns verfügbar sind, nur für unseren Konsum und Genuss gedacht. Denn Tiere wollen leben, so wie wir. Das durfte ich einige Male auch vor Ort in Altstetten erfahren. Wenn sie sich auf verschiedene Arten durch Schreie und durch Widerstand bemerkbar zu machen versuchen. Weil ich all dies erfahren musste, sehe ich auch Kühe als Lebewesen mit Bedürfnissen und Gefühlen. Als Lebewesen, die einen Lebenswillen haben und ebenso wie wir einzigartige Persönlichkeiten mit ihren ihnen eigenen Charaktereigenschaften sind. Als Mütter, Väter und Kinder, die gerne in Familien leben und aufwachsen.

In diesem Fall könnten wir Menschen das Happy End sein für die Kühe und anderen Tiere. Wenn wir als Gesellschaft gelernt haben, dass wir Kühe nicht mehr für uns künstlich schwängern und ihre Milch brauchen, ihnen ihre Kinder wegnehmen und sie in frühem Alter töten dürfen, sind wir Hoffnung und Zuversicht für die Tiere selbst. Wie schön wäre es für die Kühe, wenn sie ihre eigenen Kinder aufwachsen sehen würden – und wir ihnen dabei zusehen dürften – und sie alle eines natürlichen Todes sterben könnten. Das gilt selbstredend auch für alle andern Tiere.