Tiere sind keine Gadgets

Datum: 27. September 2024
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«Jöö, so herzig!» Wir lieben unsere süssen Welpen und  Büsis doch einfach. Aber wer meint, im Heimtierbereich sei ethisch  gesehen  alles in bester Ordnung, irrt gewaltig. 

Natürlich haben es viele Haustiere ungleich besser als die sogenannten «Nutztiere». Wenn man sieht, wie viel Zeit, Liebe und Geld Herr und Frau Schweizer in ihren Hund investieren und dann die Haltungsvorschriften für Schweine liest, wird einem übel. Aber das heisst noch lange nicht, dass wir uns um die Würde von Haustieren keine Sorgen machen müssen.

Tiere gehören uns nicht

Haustiere sind nämlich in besonderer Weise von uns abhängig. Wir Menschen haben sie (durch Zucht, Handel etc.) in diese Situation gebracht. Diese Beziehung bringt besondere Pflichten mit sich. Das erste Gebot im Um gang mit Haustieren lautet darum: Du bist für dieses Wesen verantwortlich, aber es gehört dir im Letzten nicht. Selbst wenn du es gekauft hast und Halterin bist – es gehört dir nicht. Dass Tiere Eigentum von Menschen sein können und gehandelt werden wie Ware, ist durchaus fragwürdig. Nicht wenige sehen im Eigentumsstatus von Tieren sogar so etwas wie das Grundübel in unserem Umgang mit Tieren. Wenn Tiere tatsächlich Subjekte sind, dann ist es nicht richtig, dass sie uns gehören wie Häuser oder Autos. Gerade weil es aber Stand heute das Normalste der Welt ist, Tiere zu besitzen und zu kaufen, ist es umso relevanter, immer wieder einzuschärfen, dass uns Tiere im Letzten nicht gehören. Dass es mein Hund ist, bedeutet, dass ich für sein Wohler gehen und die Wahrung seiner Würde verantwortlich bin. Es heisst aber nicht, dass ich mit ihm machen kann, was ich will.

Umtausch- und Wegwerfmentalität

Wir sind es gewohnt, im Internet bestellen zu können, was uns gefällt, und wenn das Gadget nicht haargenau unseren Erwartungen entspricht, schicken wir es zurück. Diese Um tausch und Wegwerfmentalität ist schon bei Kleidern und Handys ökologisch fatal, bei Tieren aber ist sie ein ethischer Skandal. Ein Tier verliert seine Würde nicht, nur weil sein:e Halter:in die Lust an ihm verliert und das Tier nicht so tut, wie es vermeintlich sollte. Aber die traurige Realität in Schweizer Tierheimen ist eine andere. Trotzdem wird munter weiter gezüchtet und der Handel mit Tieren brummt wie noch nie.

COMPANION ANIMAL

Im Englischen hat sich für Haustiere der Ausdruck COMPANION ANIMAL eingebürgert. Mit dem «Kumpan» teile ich mein Brot, ja vielleicht gebe ich ihm sogar das letzte Stück, das ich habe. Haustiere sind unsere Gefährten, keine Gadgets. Gerade weil wir sie so süss finden, sollten wir nie vergessen, dass sie nicht nur für uns auf der Welt sind.

Der Tierethiker Christoph Ammann ist Mitglied im Stiftungsrat von ProTier. Der Vater von drei Kindern lebt mit seiner Familie in Zürich Witikon, wo er als reformierter Pfarrer arbeitet. Er ist Präsident des «Arbeitskreises Kirche und Tiere» (AKUT) Schweiz.