Tierethik - was ist das?

"Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu"

Diese "Goldene Regel" der Ethik gilt als mögliche Grundlage eines friedlichen Miteinanders. Aber worum geht es? Um den Umgang der Menschen untereinander? Oder sind Tiere und die Natur auch eingeschlossen? Sollten sie es sein?

Dass diese Frage überhaupt aufkommt, zeugt von einer anthropozentrischen Sicht, also einer Denkweise, die den Menschen als Krone der Schöpfung ins Zentrum des Weltgeschehens stellt.

Diese Denkweise ermöglicht auch die schamlose Nutzung von Tieren durch den Menschen. Ohne Rücksicht auf ihren Schaden verkommen sie zu Produktionseinheiten für die Herstellung von Fleisch, Eiern, Milch, Käse etc. Unter grössten Qualen müssen sie für Tierversuche herhalten und werden zur Unterhaltung vorgeführt.

Es stellt sich zwingend die Frage: Darf der Mensch das Wohl und das Leben von Tieren seinen Zwecken unterordnen? Welche moralischen Pflichten hat er gegenüber allen Lebewesen? Wer hat welche Rechte? Und warum?

Tom Regan, der bekannte amerikanische Philosoph und Tierrechts-Ethiker zum Beispiel argumentierte, dass alle Wesen ein Recht auf Respekt haben, die einen Eigenwert oder einen inhärenten Wert besitzen. Das heisst einen Wert, der gegeben ist, unabhängig von irgendeinem Nutzen.

Ein Wesen hat einen inhärenten Wert, wenn es über bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt. Zum Beispiel die Fähigkeit, Freude, Leid und Schmerz zu empfinden. Das ist bei Tieren, insbesondere Säugetieren, eindeutig der Fall. Dementsprechend haben sie ein Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, einen würdigen Umgang und Respekt. Was wiederum bedeutet, dass sie nicht für die Interessen anderer (der Menschen) missbraucht werden dürfen.

"Wir brauchen für den Umgang mit Tieren keine neue Moral. Wir müssen lediglich aufhören, Tiere willkürlich aus der vorhandenen Moral auszuschliessen."

Dieses berühmte Zitat des bekannten Tierrechtsautors und Philosophs Helmut F. Kaplan, zeigt in einfachen Worten auf, wie unser Umgang mit Tieren sein sollte. Die goldene Regel der Ethik und Moral gilt selbstverständlich für alle empfindungsfähigen Wesen.

Ob eine Nutzungsform für Tiere besteht, welche ihren Bedürfnissen nicht diametral entgegenspricht wird diskutiert und ausprobiert.

Die Nutzung von Tieren zu deren Schaden und Verlust von Leben, körperlicher Unversehrtheit und Freiheit spricht gegen die goldene Regel der Ethik und ist demensprechend unter diesem Gesichtspunkt abzulehnen.

Der Satz "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu" zeigt: Eigeninteresse und Altruismus schliessen sich nicht aus. Damit erweist er sich als eine Maxime weitherziger und weitsichtiger Klugheit. Wer etwas für andere tut, beispielsweise indem er oder sie jemandem vergibt, der tut damit auch etwas für sich selbst.