Tierische Patienten

Datum: 28. March 2024
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Von der Geburtshilfe bis zur Euthanasie, von der einfachen Impfung bis zur komplexen Operation: Tierärztinnen und Tierärzte sind mit dem ganzen Spektrum an Freud und Leid konfrontiert. Wir haben Josef Föhn von der Tierarztpraxis Wyland in Kleinandelfingen einen Morgen lang über die Schulter geschaut.

Als ich an diesem verregneten Morgen in der Praxis ankomme, herrscht schon reges Treiben. Die tierärztlichen Praxisassistentinnen (TPA) kontrollieren die Termine, die anstehen, und bereiten das Behandlungszimmer für den ersten tierischen Patienten vor. Unterdessen sprechen sich die drei Tierärzte noch ab, was an diesem Tag zu tun ist.

Die Sprechstunde beginnt

Der erste Patient ist Sämi. Ein wunderschöner 13-jähriger Kater, der zur Glukosenachkontrolle kommen muss. Er leidet unter Diabetes und muss von seiner Besitzerin regelmässig mit Insulin versorgt werden. Diese Katzen zeigen oft einen Gewichtsverlust und trinken sehr viel. Glücklicherweise ist Sämi schon gut eingestellt, und es geht ihm besser. Die nächsten Patienten sind Eros und Tasman, zwei neunjährige Kater, die regelmässig zum Impfen und Entwurmen kommen. Sie finden den Tierarztbesuch wortwörtlich zum Schreien. Man hört sie schon, bevor man sie sehen kann. Aber sobald sie auf dem Behandlungstisch sitzen, hört die Katzenmusik auf, und sie scheinen nur noch zu hoffen, dass das Prozedere bald vorbei ist. Die leckere Tube mit Leberaufstrich ist zumindest für den Tigerkater Tasman ein erfolgreicher Ablenkungsversuch.

Vor lauter Schlecken bekommt er gar nichts mehr mit, und genauso soll es doch sein. Zufrieden über seine zwei gesunden Katzen, packt ihr Besitzer sie wieder in ihre Transportboxen, und sie dürfen nach Hause. Der grosse rote Tigerkater Schnurrli wurde in den Schwanzansatz gebissen, worauf sich ein Abszess entwickelte, den Josef Föhn öffnen, reinigen und nähen musste. Bei der heutigen Nachkontrolle sieht alles gut verheilt aus. Nach dem Ziehen der Fäden ist Schnurrli schon nach wenigen Minuten wieder entlassen.

Traurige Vergangenheit, aber heute gut versorgt

Nach vier Katzen ist nun die Reihe an den zwei Hunden Bijou und Pandora, die geimpft werden sollen. Sie sind Tierschutzhunde aus Ungarn. Die junge Hündin Bijou wurde, weil sie nicht mehr erwünscht war, einfach aus dem Autofenster geworfen, wie die Besitzerin erzählt. Glücklicherweise wurde sie schnell gefunden und musste nicht lange auf der Strasse leben. Der Tierarzt Josef Föhn hat mittlerweile die achtjährige Hündin Pandora auf dem Behandlungstisch platziert, wo sie wie Espenlaub zittert. Erst als sie runter darf und auch von der leckeren Paste schlecken kann, stellen sich die flauschigen Ohren nach vorne – und ihre Welt scheint wieder in Ordnung zu sein.

Der nächste Patient ist ein grosser, schwarz-weisser Freigängerkater. Er wurde bereits vor einiger Zeit mit einem hinkenden Vorderbein in der Praxis vorstellig. Leider hat die bisherige Behandlung nicht angeschlagen. Als Dr. Föhn die Temperatur des Vierbeiners misst, bemerkt er, dass der Kater tatsächlich Fieber und auch Würmer hat. Beim Abtasten der Gelenke stellt der Tierarzt weiter fest, dass die Pfote etwas geschwollen ist, und dass er eine kleine Verletzung hat, die ihm ganz offensichtlich Schmerzen bereitet. Zum Glück kann sie mit Antibiotika gut versorgt werden. Gegen die lästigen Würmer verabreicht ihm der Tierarzt noch eine eklige Tablette. Der Appetit auf Leberpaste ist ihm jedenfalls für den Moment vergangen, aber dafür darf er schon wieder nach Hause.

Tierarzt mit Leib und Seele

Der Arbeitstag ist für Josef Föhn noch lange nicht vorbei, aber er hat nun endlich eine kurze Verschnaufpause. Schon nach diesem Morgen wird klar: Josef Föhn ist mit Leib und Seele Tierarzt. Seine Liebe zu den Tieren ist gerade auch dann spürbar, wenn er sie ruhig und professionell behandelt.

Der Umgang mit Tieren wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt, da er auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, umgeben von vielen Tieren. Er ist nun seit vielen Jahren Gross- und Kleintierarzt. Immer mit dabei: seine beiden Hunde, die zwei Shelties Jannik und Flobo. Sie machen es sich im Büro gemütlich, so lange Herrchen arbeiten muss.

Besonders glückliche Momente sind für Josef Föhn, wenn er als Tierarzt bei Geburten dabei sein und helfen kann. Schwierig hingegen ist die Euthanasie von geliebten Tieren. Tiere einschläfern gehört zum Alltag eines Tierarztes, aber auch nach unzähligen Jahren ist das sehr schmerzhaft. „Dem Tier kann viel Leid erspart werden, aber die Besitzer leiden oft schrecklich und für eine lange Zeit“, so Josef Föhn. Als besonders anstrengend empfindet er die langen Präsenzzeiten, Tag und Nacht. „Und leider warten manchmal Tierbesitzer viel zu lange, bis sie für eine Behandlung vorbeikommen. Dann muss alles plötzlich schnell gehen, was vermeidbar gewesen wäre.»