ProTier im Einsatz Für heimatlose Katzen

Datum: 14. March 2025
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Ein Team von ProTier hat im Schrebergarten Juchhof in Zürich 25 streunende Katzen eingefangen und kastrieren lassen. Ein schwieriges Unterfangen.

Anfang November ist es im Schrebergarten Juchhof in der Stadt Zürich ganz still. Nur die zähesten Gartenfans pflegen die Pflanzen oder schauen nach dem Gemüse im über 700 Parzellen grossen Areal. Es ist neblig und kühl, fast schon gespenstisch. Im Versteckten aber läuft doch einiges – und dafür ist ProTier heute hier. Die Mission des Teams ist es, die streunenden Katzen, die im Spickel zwischen Autobahn und Bernstrasse leben, zu finden, einzufangen und medizinisch behandeln zu lassen. «Mein erster Eindruck vor Ort war: Das Areal ist riesig und hier gibt es unzählige mögliche Verstecke – das schaffen wir nie!», erzählt Meret Steiner. Um die Katzen herauszulocken, stellten sie vier Lebendfallen auf, die sie erst als Futterboxen nutzten. Zudem installierten sie zwei Kameras, die das Geschehen rund um die Uhr festhalten konnten. So wollten sie sich ein Bild davon machen, wie viele Streuner auf dem Areal leben.

Im Vorfeld haben Meret Steiner und Julia Brosi die Pächter:innen mit einem Schreiben über ihre Aktion informiert. Auf Deutsch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Serbisch und Englisch haben sie die Informationen übersetzt, damit möglichst alle ihr Anliegen verstünden. «Denn für viele der Pächter:innen sind die wilden Katzen auch ein bisschen «ihre Katzen»», sagt Meret Steiner. «Sie füttern sie liebevoll, freuen sich, dass sie da sind», ergänzt Julia Brosi. Die gesundheitlichen Aspekte gingen dabei jedoch unter, denn die Katzen seien wild und würden sich nicht so einfach einfangen und zum Tierarzt bringen lassen. Dabei könnten sie an unentdeckten Krankheiten leiden, wie einer Infektion mit Giardien, die zu akutem oder chronischem Durchfall führt. «Und sie vermehren sich exponentiell.»

Deshalb kastriert die Tierschutz-Organisation NetAP (Network for Animal Protection) laufend Katzen aus fast allen Kantonen in der Schweiz und setzt sich für eine nationale Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen ein. Von NetAP hat das ProTier-Team den Fall im Juchhof angenommen und die Lebendfallen ausgeliehen.

Zwei Wochen lang füllte Julia Brosi die Lebendfallen jeden Morgen und Abend mit Futter, und die zwei Frauen studierten die im Minutentakt eintreffenden Videoaufnahmen. Dann stellten sie die Fallen scharf. Das heisst, die Boxen würden sich schliessen, wenn die Katzen zum Fressen hineingingen. Am ersten Tag erwischten sie so 11 Katzen. Erst mussten sie diese aus den Lebendfallen in Transportboxen bugsieren. «Das war nicht einfach, sie fauchten und wehrten sich, da sie sich in einer Stresssituation befanden», erzählen sie. Doch mit viel Geduld und dem nötigen Feingefühl gelang es ihnen schliesslich.

Sie verfrachteten die wilden Katzen ins Auto, legten ein Tuch über die Boxen und fuhren sie in eine Tierarztpraxis, wo sie bereits erwartet wurden. Die 11 Katzen wurden medizinisch untersucht, auf Parasiten behandelt, geimpft und kastriert. Um dies zu markieren, erhielten die Katzen einen kleinen Schnitt ins Ohr – das internationale Zeichen für eine kastrierte Katze. Jede Katze bekam auch einen Namen, immer beginnend mit «S», weil der Schrebergarten nah an Schlieren ist. Zurück im Juchhof wurden Salerno, Samantha, Sandokan, Schnurrli, Shakira und Co. wieder freigelassen.

Nun wurde das Unterfangen schwieriger: Immer wieder gingen hungrige Katzen in die Fallen, die bereits kastriert worden waren. Auf den Kamera-Aufnahmen war nicht immer eindeutig sichtbar, ob nun Sofia oder Seppli in die Falle getappt war. Einmal landete ein Fuchs auf der Suche nach einem Mitternachtssnack in der Futterbox, immer wieder ein Igel.

Besonders dramatisch war eine Katzenbaby-Rettung. Eines Nachts hörten Meret Steiner und Julia Brosi das Miauen von kleinen Katzen. Sie entdeckten drei Babys, die sich unter einer Schrebergartenhütte verkrochen hatten. Zwei der Babys – Salsa und Snickers – konnten sie mit Futter herauslotsen. Das dritte, Sushi, aber nicht. Sie wussten: Gelingt es uns nicht, es einzufangen, überlebt es keine weitere kalte Nacht. Sie platzierten seine Geschwister und die Mutter ganz nahe, aber auch so liess Sushi sich nicht aus seinem Versteck locken. Schliesslich liessen sie über Youtube Katzengeräusche laufen – das liess ihn herauskommen. Zum Glück, denn er war stark untergewichtig und krank. «Dieses Gefühl der Erleichterung, das ich in dem Moment verspürte, werde ich nie vergessen», erzählt Meret Steiner. Die Tierschützerinnen platzierten Sushi zu Salsa und Snickers in die Box und fuhren die Katzenbabys am nächsten Morgen in die Tierarztpraxis. Sie waren noch zu jung, um kastriert zu werden, wurden aber aufgrund positivem Giardientest medizinisch versorgt. Dann brachte das Team von ProTier sie ins Tierhotel 5 Stern, wo sie Tierpflegerin Sarina bei sich zuhause aufnahm und liebevoll auffütterte.

Am 25. Dezember ging die letzte Katze in die Falle. 25 Katzen hat das Team von ProTier insgesamt eingefangen und kastrieren lassen. Danach hat es die Pächter:innen über das Ende der Aktion informiert und sie per Schreiben darum gebeten, die Katzen ausschliesslich mit Katzenfutter zu füttern. Davon hat ProTier auch noch eine ganze Menge gespendet. «Es macht uns stolz, dass wir 25 Katzen helfen konnten», sagt Julia Brosi. Aber da schwinge auch ein Gefühl von Frust mit: «Was wir gemacht haben, war nur ein Tropfen auf den heissen Stein.»

Politische Bestrebungen

Um den Missständen mit streunenden Katzen Einhalt zu gebieten und das Problem nachhaltig zu lösen, haben die beiden Organisationen NetAP (Network for Animal Protection) und Tier im Recht (TIR) im Sommer 2018 eine von über 150 Tierschutzorganisationen mitgetragene Petition mit mehr als 100’000 Unterschriften für eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen eingereicht. Leider haben sich National- und Ständerat gegen die Annahme der Petition entschieden. Derzeit sind in diversen Kantonen Bestrebungen im Gang, um eine Kastrationspflicht auf kantonaler Ebene zu prüfen. Bis diese allenfalls Realität wird, ist es unerlässlich, seine eigenen Katzen freiwillig kastrieren beziehungsweise sterilisieren zu lassen, um dem Katzenelend entgegenzuwirken. Eine entsprechende Aufklärungsarbeit im eigenen Umfeld kann ebenfalls helfen. Ausserdem können streunende Katzen bei Tierschutzorganisationen gemeldet und deren Kastrationsprojekte unterstützt werden.

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