Wespenstiche bei Tieren – Gastbeitrag von Dr. Josef Föhn

 

Dr. Josef Föhn ist seit über 20 Jahren als Tierarzt in Kleinandelfingen im Zürcher Weinland tätig. Seit vielen Jahren schreibt er regelmässige Gastbeiträge über Tiergesundheit für unser Magazin.

23. September 2020

Menschen werden im Spätsommer häufig Opfer von Wespenstichen. Dieses Jahr besonders oft, denn der warme, regenarme Frühling war ideal für die Bildung von Wespenvölkern. Doch auch für unsere Haustiere lauert diesbezüglich Gefahr.

Der letzte warme, regenarme Frühling war ideal für die Bildung von Wespenvölkern. Von einer Wespenplage zu sprechen, wäre allerdings übertrieben. Die Wespen sind nicht aggressiver als in anderen Jahren. Lästig sind sie allemal – diese ungebetenen Gäste, die sich an warmen und sonnigen Spätsommertagen über unsere Nahrung hermachen. Durch einschlägig bekannte Massnahmen, wie das Vermeiden von hektischen Abwehrbewegungen oder das Abdecken der süssen Köstlichkeiten, nach denen es auch die Wespen so sehr gelüstet, kann der Mensch es weitgehend vermeiden, gestochen zu werden.

Hunde und Katzen, als Jäger neugierig auf alles, was sich bewegt, sind ebenfalls recht häufig von Bienen- bzw. Wespenattacken betroffen. Sie sind zwar durch ihr mehr oder weniger langes Fell am Körper recht gut geschützt, aber die Pfoten, die Nase und die Maulhöhle sind nicht nur die empfindlichsten Stellen, sie werden beim Erkunden und Jagen auch am intensivsten genutzt. So haben wir in unserer Praxis ab und zu Fälle von Bienen- oder Wespenstichen zu behandeln. Der Vorbericht lautet oft ähnlich. Der Hund habe auf dem Spaziergang aufgeschrien und bewege sich nur noch auf drei Beinen, speichle plötzlich intensiv oder belecke ständig den Nasenspiegel. In der Regel sind solche Ereignisse harmlos. Durch das Entfernen des Bienenstachels, das Kühlen der betroffenen Körperstelle und gegebenenfalls eine Behandlung mit Fenistil kann man dem Tier Linderung verschaffen. Ernsthafte Reaktionen auf Insektenstiche sind immer dann zu erwarten, wenn es gleichzeitig zu vielen Stichen kommt, wenn der Hund auf das Wespen- oder Bienengift allergisch reagiert oder die betroffene Körperstelle der Rachenraum ist.

Das Tier zeigt, bedingt durch das Anschwellen der Schleimhaut, innert Minuten Atembeschwerden, es atmet röchelnd oder erleidet gar einen anaphylaktischen Schock. Bei dieser schwersten Form der allergischen Reaktion zeigt das Tier – je nach Schweregrad – Nesselsucht-Symptome oder Juckreiz, Bauchkrämpfe, Durchfall, Erbrechen oder Schwindel bis hin zu Blutdruckabfall, Kollaps und Bewusstlosigkeit. In solchen – glücklicherweise äusserst seltenen – Fällen geht es um jede Minute. 

Die Patienten müssen sofort in tierärztliche Behandlung. Es ist ratsam, den Tierarzt über den Notfall in Kenntnis zu setzen, um sicherzugehen, dass die Praxis oder Klinik geöffnet hat. Die Behandlung besteht je nach Symptomatik in der Verabreichung von antiallergisch wirkenden Medikamenten wie Kortison, der Stabilisierung des Kreislaufs und im äussersten Notfall in einem Luftröhrenschnitt. Unglücklicherweise sind die Patienten aber oft genau in solchen Fällen weit weg von einer Praxis (langer Spaziergang, Wanderung). Da wäre es gut, vorgängig zu wissen, ob der Hund allergisch auf Insektenstiche reagiert. Ein Allergietest schafft Klarheit, und ein Notfallset, das immer griffbereit sein sollte, kann Leben retten. 

Vertreter kurzköpfiger Rassen mit ihren engen Rachenräumen oder Hunde, die nach Insekten schnappen oder intensiv graben, sind stärker gefährdet als andere. Damit die Gefahr von Insektenstichen für unsere vierbeinigen Begleiter minimiert wird, können wir als Hundebesitzer aber einiges tun: Wir können dem Hund durch Erziehung abgewöhnen, nach Insekten zu schnappen. Das Zuwerfen von «Leckerlis» konditioniert dieses Schnappen nach Beute in der Luft und sollte daher unterlassen werden. Wespennester in Haus und Garten sollten entfernt werden. Zudem sollte der Hund nur unter Beobachtung und im Haus gefüttert werden, wo die Wespe als Nahrungskonkurrentin weniger häufig vorkommt, und der Napf sollte nie den ganzen Tag mit Futter gefüllt herumstehen.