Schweinchen Vivo vor dem Schlachthaus gerettet

Von einer aufgeregten Frau erfuhren wir, dass ihr Garagist "nebenbei Schweine mästet" und ihr ein einzelnes Schwein im Stall aufgefallen sei. Sie wolle es "retten", meinte sie und bat uns um Hilfe.

 

25. September 2020
Wie traurig, dass es möglich ist, für etwas Extrageld Schweine zu mästen. Wir haben den Stall gesehen, in so einem Loch zu leben bedeutet für Schweine lebenslanges Leid. Doch darauf kommen wir später zurück.

Erst mal die Geschichte von Vivo, dem einsamen Schweinchen: Mit vereinten Kräften fanden wir für den Schweinejungen das perfekte Zuhause. Der Lebenshof Tiermensch in Hüntwangen nahm ihn gern auf. ProTier half bei der Finanzierung des Stallumbaus, organisierte und bezahlte den professionellen Transport, und schon bald konnte es losgehen.

Es war ein flirrend heisser Tag, als sich unsere Mitarbeiterin Barbara auf den Weg machte, um den Kleinen abzuholen und an seinen neuen Lebensort zu begleiten. Es war erschütternd, den hübschen Vivo, wie er in der Zwischenzeit genannt wurde, so allein hinter rostigen Gittern zu sehen. Trotz seinem Leid, der schrecklichen Aufzucht im dunklen Stall, der Enge, dem Dreck und Gestank und am Schluss dem Trauma durch den Verlust all seiner Leidensgenossen wirkte er aufgeschlossen und wach. Es kam uns vor, als wisse er genau, dass Hilfe im Anmarsch war.

Wir waren sehr glücklich, dass der Mäster uns das Tier überliess. Für ihn ein gutes Geschäft. Vivo gab er "kostenlos" ab, aber dafür, dass er ihn zwei Wochen länger im sowieso leeren Stall halten musste, verlangte er zweihundert Franken. Den Grund für die Notwendigkeit eines Zusatzverdienstes sahen wir, als er das Garagentor öffnete – er liebt Sportautos. Den Preis zahlen die Schweine!

Kurz vor neun traf der Tierrettungsdienst ein, und Vivo spazierte entspannt in den dick gepolsterten Anhänger. Es ging los, die Fahrt nach Hüntwangen dauerte mehr als eine Stunde. Obwohl Vivo im Anhänger viel Luft und Platz hatte, war er bei der Ankunft völlig erschöpft und überhitzt. Auf der Autobahn waren uns Transporter mit Schweinen für den Schlachthof begegnet, dicht gedrängt standen die armen Tiere, und das Schlimmste stand ihnen noch bevor.

Zurück zu Vivo. Nach einigem guten Zureden schüttelte er sich und stand vorsichtig auf. Ann Bachmann, die Lebenshofbetreiberin, ging voraus und zeigte Vivo sein neues Zuhause. Seine zukünftigen Schweinefreunde waren über die Ankunft des Jungspunds nicht so erfreut, hielten sich aber diskret zurück. Vivo durfte für den Anfang ein liebevoll eingerichtetes Eigenheim mit Pool (Suhle) beziehen. Mit tapsigen Schritten und leuchtenden Augen erkundete er sein neues Heim und plumpste sofort in die Suhle. So stark ist das Wissen der Schweine um ihre Bedürfnisse – Vivo hatte im Leben noch nie eine Suhle gesehen.

Vivo wird Botschafter für seine Artgenossen
Nach einer Weile verabschiedeten wir uns von Vivo, im Wissen, dass er perfekt aufgehoben ist. Am nächsten Tag erreichte uns ein kleines Video mit dem schnarchenden Vivo im dicken Strohbett. Die Mühe hat sich gelohnt, Vivo wird auf dem Lebenshof Tiermensch künftig Botschafter für seine Art sein und viele intensive Tier-Mensch-Begegnungen ermöglichen.